Diese falschen Ansichten rund um die Scheidung werden immer wieder an uns herangetragen und halten sich seit Jahren hartnäckig. Darum möchten wir die größten Irrtümer aufzeigen:
Richtig ist, dass man nur einen Anwalt für eine Scheidung benötigt. Falsch ist, dass man gemeinsam einen Anwalt beauftragen kann. Der Beruf des Anwaltes zeichnet sich dadurch aus, dass dieser immer nur für eine Seite streitet. Er kann also immer nur die Interessen einer Seite vertreten und nicht neutral sein. Im Scheidungsverfahren sind die Eheleute aber Gegner. Dem Anwalt ist es daher berufs- und strafrechtlich verboten, beide Seiten, also beide Eheleute zu vertreten. Das heißt, dass einer der Ehegatten einen Anwalt benötigt, um einen Scheidungsantrag zu stellen. Der andere Ehegatte muss nicht unbedingt einen eigenen Scheidungsantrag stellen und sich darum auch nicht unbedingt anwaltlich vertreten lassen. Daher vereinbaren viele Ehegatten, dass einer von ihnen den Anwalt beauftragt und beide sich die Kosten intern teilen. Wissen muss der nicht vertretene Ehegatte aber, dass der Anwalt immer nur die Interessen des anderen vertritt.
Häufig wird angenommen, man müsse 3 Jahre nach der Trennung abwarten, wenn der andere Ehegatte der Scheidung nicht zustimmt. Dies ist ein Irrtum. Auch dann, wenn ein Ehegatte nicht geschieden werden will, reicht eine einjährige Trennungsdauer aus. Voraussetzung ist, dass eine einjährige Trennung zweifelsfrei vorliegt und die Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann.
Ehegatten können sich gemeinsam steuerlich veranlagen und damit steuerliche Vorteile nutzen über das sogenannte Ehegattensplitting. Viele nehmen irrtümlich an, dies könnten sie auch nach der Trennung weiterhin tun und zwar bis zur Scheidung. Dies ist jedoch falsch. Tatsächlich dürfen die Ehegatten die gemeinsame Veranlagung nur noch im Jahr der Trennung vornehmen. Zum Beginn des nächsten Veranlagungszeitraums, der auf die Trennung folgt, also zum nächsten 01.01. nach der Trennung, müssen die Ehegatten die Steuern wieder getrennt erklären, also auch die Lohnsteuerklassen wechseln.
Ein weit verbreiteter Irrtum besteht in der Annahme, das Familiengericht würde bei der Scheidung auch alle anderen Angelegenheiten der Ehegatten thematisieren und darüber entscheiden. Tatsächlich entscheidet das Familiengericht nur über die Scheidung und von Amts wegen über den Versorgungsausgleich. Über weitere Bereiche wie Sorge- und Umgangsrecht, Kindes- und Ehegattenunterhalt sowie die Vermögensaufteilung wird nicht verhandelt und entschieden. Hierzu muss ein Ehegatte zu jedem einzelnen Bereich einen gesonderten Antrag stellen. Nur dann beschäftigt sich das Gericht auch mit diesem Punkt.
Hier kommt es immer darauf an, auf welcher Seite man steht. Für den, der in der Ehe finanziell schlechter gestellt ist, ist es oft mit Vorteilen verbunden, mit einer Scheidung abzuwarten. Der finanziell besser gestellte Ehegatte geht meist große Nachteile ein, wenn er die Scheidung erst Jahre später einreicht. Die genauen Gründe hierfür können Sie dem Artikel „Wann sollte ich die Scheidung einreichen oder: Wie lange zahle ich noch Unterhalt?“ entnehmen. Gerade der finanzstärkere Ehegatte nimmt aber meist irrig an, es wäre für ihn mit Vorteilen verbunden, mit einer Scheidung abzuwarten.
Rechtsanwältin Christine Andrae ist Fachanwältin für Familienrecht in Köln. Auf dieser Seite veröffentlich sie Beiträge zu familienrechtlichen Themen wie Unterhalt, Sorgerecht, Scheidung oder Umgangsrecht.
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