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Notvertretungsrecht der Ehegatten im medizinischen Notfall: Sprachbarrieren als Hürde

Vor Januar 2023 herrschte Unsicherheit darüber, ob Ehegatten im medizinischen Notfall Vertretungs- und Entscheidungsrechte hatten. Trotz der Einführung eines Notvertretungsrechts durch den Gesetzgeber zeigt ein Fall vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main, dass die Anwendung in der Praxis noch auf Hindernisse stoßen kann.

Eilbetreuungsantrag des Universitätsklinikums und Ablehnung durch das Gericht

In einem Eilbetreuungsantrag des Universitätsklinikums, bei dem eine Entscheidung für einen nicht entscheidungsfähigen Patienten getroffen werden musste, lehnte das Amtsgericht die Einrichtung der Eilbetreuung unter Verweis auf § 1358 des Bürgerlichen Gesetzbuches ab, da der Patient verheiratet war. Die Klinik war jedoch mit der Ehefrau als Vertreterin nicht einverstanden, da eine „Sprachbarriere“ bestand.

Gerichtsentscheidung und Bedeutung von Sprachkenntnissen in medizinischen Angelegenheiten

Das Amtsgericht argumentierte, dass mangelnde Deutschkenntnisse allein nicht ausreichen, um jemanden als ungeeignet zu erklären, medizinische Entscheidungen für sich oder andere zu treffen. Eine Eignungsprüfung des Ehegatten findet vor Eintritt des gesetzlichen Ehegattennotvertretungsrechts nicht statt. Eine externe Betreuung ist nur gerechtfertigt, wenn die Ehefrau die Vertretung selbst abgelehnt hätte. Das Gericht betonte, dass in solchen Fällen ein Dolmetscher die angemessene Lösung sei, nicht jedoch eine gerichtliche Betreuung.

Hinweis:

Zur Unterstützung des Kommunikationsprozesses zwischen vertretenden Ehegatten und behandelnden Ärzten haben Bundesärztekammer und Bundesjustizministerium einen entsprechenden Vordruck entwickelt. Dennoch wird weiterhin die Empfehlung für eine umfassendere Vorsorgevollmacht ausgesprochen, da das Notvertretungsrecht nur medizinische Fragen abdeckt und zeitlich begrenzt ist.
Quelle: AG Frankfurt am Main, Beschluss vom 15.01.2023 – Aktenzeichen 43 XVII 178/23. Thema: Familienrecht

Fachanwältin für Familienrecht Christine Andrae

Über die Autorin

Rechtsanwältin Christine Andrae ist Fachanwältin für Familienrecht in Köln. Auf dieser Seite veröffentlich sie Beiträge zu familienrechtlichen Themen wie Unterhalt, Sorgerecht, Scheidung oder Umgangsrecht.

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