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Betreuungsunterhalt nach Scheidung bei betreuungsbedürftigen Kindern

Der Anspruch auf Betreungsunterhalt ist ein sehr starker Anspruch. Denn er dient dem Schutz der Betreuung des Kindes. Hierzu soll der Lebensunterhalt des betreuuenden Elternteil gesichert werden.

Betreuungsunterhalt nach Scheidung: Besondere Situation bei betreuungsbedürftigen Kindern

Ein Grund für die Fortzahlung von Unterhaltszahlungen nach einer Scheidung ist die Kinderbetreuung. Dieser Unterhalt dient als Ersatz für den Verdienstausfall, der durch die Betreuung der Kinder entsteht. Üblicherweise gilt dies bis zum Ende des Grundschulalters. Allerdings bestätigte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG), dass dieser Anspruch auch über die Volljährigkeit hinaus bestehen kann, insbesondere bei besonders betreuungsbedürftigen Kindern.

Fallbeispiel: Intensivbetreuung eines behinderten Kindes nach Volljährigkeit

Ein konkretes Beispiel verdeutlicht diese Situation: Das zweite Kind eines geschiedenen Paares wurde mit schweren genetischen Defekten geboren, darunter Trisomie 18 und Monosomie 2q. Das Kind hat einen Behinderungsgrad von 100 und Pflegegrad 4. Es besteht ein wöchentlicher Pflegeaufwand von 70 Stunden. Trotz einer teilweisen Fremdbetreuung in einer Werkstatt für Behinderte und der Unterstützung des Vaters am Samstag, verbleibt der Mutter aufgrund zahlreicher Termine, häuslicher Trainings und organisatorischem Aufwand die Hauptbetreuung und ist daher nicht erwerbstätig.

Gerichtliche Entscheidung: Betreuungsaufwand und Erwerbstätigkeit im Fokus

Im Streit um den Nachscheidungsunterhalt bestritt der Vater den Pflegeaufwand und argumentierte für eine mögliche Erwerbstätigkeit der Mutter mit 25 Wochenstunden. Das OLG berücksichtigte jedoch die Gesamtumstände und entschied, dass die Erwerbstätigkeit nicht zu einer überobligationsmäßigen Belastung des betreuenden Elternteils führen darf. Die Suche nach einer geringfügigen Beschäftigung erschien sinnlos, insbesondere aufgrund der fehlenden Berufsausbildung und -erfahrung der Mutter.

Hinweis: Die Berücksichtigung der Gesamtbelastung bei der Fremdbetreuung von Kindern gilt nicht nur für ältere, sondern auch für jüngere Kinder. Diese Überlegung stützt sich auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2009.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 05.09.2023 – Aktenzeichen 6 UF 69/23. Fundstelle: www.rv.hessenrecht.hessen.de. Thema: Familienrecht

 

Fachanwältin für Familienrecht Christine Andrae

Über die Autorin

Rechtsanwältin Christine Andrae ist Fachanwältin für Familienrecht in Köln. Auf dieser Seite veröffentlich sie Beiträge zu familienrechtlichen Themen wie Unterhalt, Sorgerecht, Scheidung oder Umgangsrecht.

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