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Nachforderung von „vergessenem“ Altersvorsorgeunterhalt – unter welchen Voraussetzungen ist ein entsprechender Antrag zulässig?

Der Bundesgerichtshof hat in einem Beschluss vom 19.11.2014 – XII ZB 478/13 entschieden, dass eine Nachforderung von Altersvorsorgeunterhalt nur dann zulässig ist, wenn der bereits vorliegende Unterhaltstitel eindeutig auf einen Teil des Unterhalts beschränkt ist.

Die Exfrau forderte nachträglich Altersvorsorgeunterhalt vom ehemaligen Ehepartner

Die Frau bestritt in den Jahren zuvor erfolgreich Unterhalt von ihrem Exmann. Dieser Unterhalt diente dazu ihre Lebenshaltungskosten zu decken. Zwischenzeitlich stellte sie einen Antrag auf Erhöhung des Unterhalts, da sie aus dem gemeinsamen Eigentumshaus in eine Mietwohnung umzog. Sie machte einen erhöhten Bedarf geltend, bezüglich der nun anfallenden Mietzinsen – mit Erfolg. Im Anschluss brachte sie isoliert einen Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt vor. Der entsprechende Antrag blieb ohne Erfolg. Das vorinstanzliche Gericht lehnte den Nachforderungsantrag als unzulässig ab. Die Rechtskraft der Entscheidung des vorangegangenen Trennungsunterhaltsverfahrens stünde diesem entgegen. Daraufhin legte die Frau Rechtsbeschwerde beim BGH ein. Auch diese blieb ohne Erfolg.

Der Bundesgerichtshof folgte dem vorinstanzlichen Gericht

Der BGH führte ebenfalls die entgegenstehende Rechtskraft der Entscheidung des Trennungsunterhaltsverfahren als Grund für die Unzulässigkeit des Nachforderungsantrags an. Die Karlsruher Richter folgten somit ständiger BGH-Rechtssprechung. Da es sich bei Unterhaltszahlungen um wiederkehrende Leistungen iSd § 258 der Zivilprozessordnung handle, sei eine isolierte Teilklage nur dann zulässig, wenn im Vorprozess erkennbar gewesen sei, dass dort lediglich ein Teil eingeklagt worden sei. Eine Teilklage sei dann anzunehmen, wenn diese im Vorprozess ausdrücklich erklärt worden sei oder wenigstens aus den Umständen eindeutig hervorgegangen sei. Der bereits bestehende Unterhaltstitel müsse sich eindeutig nur auf einen Teilbetrag des geschuldeten Unterhalts beschränken. Da im Unterhaltsrecht im Zweifel davon auszugehen sei, dass der volle Unterhalt geltend gemacht würde, sei es notwendig, dass ein Teilantrag erkennbar als solcher vorliege. Hat sich der Unterhaltsberechtigte im Erstverfahren eine Nachforderung des Altersvorsorgeunterhalts vorbehalten, sei die Nachforderung zulässig. Vorliegend hatte sich die Antragstellerin eine spätere Geltendmachung von Vorsorgeunterhalt nicht ausdrücklich vorbehalten. Die bloße Nichtgeltendmachung des Vorsorgeunterhalts könne, so der BGH, nicht zu der Annahme führen, dass dieser zu einem späteren Zeitpunkt nachgefordert würde. Dass ein Unterhaltsberechtigter keinen Altersvorsorgeunterhalt geltend mache, könne durchaus auch wirtschaftlichen Erwägungen zugrunde zu legen sein und lasse deshalb nicht die Annahme zu, dass dieser später eingefordert würde.
Ebenfalls komme keine verfahrensrechtliche Umdeutung des Nachforderungsantrages in einen Abänderungsantrag in Frage. Da sich im vorliegenden Fall die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse nicht wesentlich geändert hätten.

Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt durch verfahrensrechtliche Fehler verwehrt

Die Problematik, mit der sich der BGH zu befassen hatte, ist eine rein verfahrensrechtliche. Vorliegend wurde ein der Antragstellerin zustehender Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt durch verfahrensrechtliche Fehler vereitelt. Die schriftsätzlichen Anträge, durch den Anwalt der Antragstellerin gestellt, ließen keine Annahme zu, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt die Geltendmachung eines Vorsorgeunterhaltsanspruchs anstrebt. Die Antragstellerin kann somit einen Anspruch, der ihr unterhaltsrechtlich grundsätzlich zusteht, nicht mehr nachträglich geltend machen. Für die Praxis bedeutet dies, im Vorfeld eines Verfahrens um Unterhaltsforderungen, alle bestehenden Unterhaltsansprüche durch einen auf Unterhaltsrechts spezialisierten Anwalt überprüfen zu lassen und sich gegebenenfalls Unterhaltsansprüche, die noch nicht geltend gemacht werden sollen, ausdrücklich vorzubehalten. Somit bleibt die spätere Geltendmachung eines Altersvorsorgeunterhaltsanspruches möglich.

Fachanwältin für Familienrecht Christine Andrae

Über die Autorin

Rechtsanwältin Christine Andrae ist Fachanwältin für Familienrecht in Köln. Auf dieser Seite veröffentlich sie Beiträge zu familienrechtlichen Themen wie Unterhalt, Sorgerecht, Scheidung oder Umgangsrecht.

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