Die Pressestelle des Bundesverfassungsgerichtes teilte am 05.05.2009 mit: Die Regelung des § 1355 Absatz 4 BGB sieht vor, dass Ehegatten bei der Eheschließung durch Erklärung gegenüber dem Standesamt einen
gemeinsamen Familiennamen und damit Ehenamen bestimmen sollen. Dabei können sie zwischen dem Geburtsnamen oder den bisher geführten Namen der Frau oder des Mannes wählen. Wählen sie keinen gemeinsamen Ehenamen, trägt jeder Ehegatte nach der Eheschließung seinen Namen weiter. Entscheiden sich die Ehegatten für einen Ehenamen, dann kann der Ehegatte, dessen Name nicht zum Ehenamen bestimmt wurde, den eigenen Namen dem Ehenamen als Begleitname voranstellen oder anfügen.
Diese Möglichkeit wird in § 1355 Abs. 4 Satz 2 und 3 BGB jedoch für den
Fall, dass die Ehegatten schon Träger von Mehrfachnamen sind,
ausgeschlossen beziehungsweise eingeschränkt: Wird ein schon aus
mehreren Namen bestehender Name eines Ehegatten zum Ehenamen bestimmt, dann darf der andere Ehegatte seinen Namen dem Ehenamen nicht als Begleitname anfügen. Besteht dagegen der nicht zum Ehenamen bestimmte Name aus mehreren Namen, dann kann nur einer dieser Namen dem Ehenamen als Begleitname hinzugefügt werden.
Der Beschwerdeführer zu 1) führt einen Doppelnamen und betreibt seit
vielen Jahren eine Rechtsanwaltskanzlei in München. Die
Beschwerdeführerin zu 2) führt lediglich einen Namen, hat Kinder aus
erster Ehe und ist praktizierende Zahnärztin. Die Beschwerdeführer
heirateten, jeweils in zweiter Ehe, im Mai 1997, ohne zunächst einen
Ehenamen zu bestimmen. Später entschlossen sie sich, den Doppelnamen
des Beschwerdeführers zu 1) zum Ehenamen bestimmen zu wollen, wobei die
Beschwerdeführerin zu 2) beabsichtigte, ihren Namen dem Ehenamen als
Begleitnamen voranzustellen. Dies wurde vom Standesamt München
abgelehnt. Ein entsprechender Antrag an das Amtsgericht, die Beschwerde
und die weitere Beschwerde an das BayObLG blieben erfolglos.
Die von den Beschwerdeführern erhobene Verfassungsbeschwerde wies der
Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 17. Februar 2009 (vgl. Pressemitteilung Nr. 108/2008
vom 19. Dezember 2008) zurück. Der Erste Senat entschied, dass die
Regelung des § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB, nach der ein Ehegatte, dessen
Name die Ehegatten nicht zum Ehenamen bestimmt haben, seinen Namen dem
Ehenamen als Begleitnamen nicht anfügen darf, wenn der Ehename schon
aus mehreren Namen besteht, mit dem Grundgesetz, insbesondere mit dem
Persönlichkeitsrecht (Art 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG) vereinbar ist.
Auch der Schutz der Ehe (Art. 6 Abs. 1 GG), die Berufsfreiheit (Art. 12
Abs. 1 GG) und der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) sind durch diese
gesetzliche Regelung nicht beeinträchtigt. Die Entscheidung erging mit
5:3 Stimmen.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:
§ 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB verfolgt ein legitimes gesetzgeberisches Ziel.
Der Gesetzgeber hat bei seiner Konzeption des Familiennamensrechts dem
Namen mehrere Funktionen gegeben. Zum einen soll der Namensträger die
Möglichkeit erhalten, sich selbst im Namen zu finden und Ausdruck zu
geben. Zum anderen hat das Namensrecht die Funktion, den Namensträger
familial klar zuzuordnen sowie dem Namen seine Identifikationskraft zu
erhalten und auch in der Generationenfolge zu sichern. Um dies zu
erreichen, hat der Gesetzgeber rechtliche Regelungen getroffen, die die
Bildung von Doppel- und Mehrfachnamen weitgehend zurückdrängen sollen.
In dieses Konzept fügt sich § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB ein.
Die Norm folgt dem Anliegen, Namen zu bilden, die einerseits auch im
Rechts- und Geschäftsverkehr praktikabel sind und andererseits in
nachfolgenden Generationen nicht zu Namensketten führen. Sie
verhindert, dass ein Namensträger einen Namen führt, der im Falle von
bisher von den Ehegatten geführten echten Doppelnamen aus bis zu vier
Namen bestehen kann. Gleichzeitig schließt der Gesetzgeber damit aus,
dass Kinder einen mehrgliedrigen, aus drei Namen bestehenden
Geburtsnamen erhalten können.
Zwar hat der Gesetzgeber mit den §§ 1617 Abs. 1 und 1617a BGB
inzwischen die Möglichkeit eröffnet, einen bereits aus früher geführten
Ehenamen und Begleitnamen zusammengesetzten Doppelnamen eines
Elternteils zum Geburtsnamen eines Kindes zu bestimmen. Es stellt sich
insofern die Frage, weshalb der Gesetzgeber zwar die Übertragung eines
aus früherem Ehenamen und Begleitnamen zusammengesetzten Doppelnamens
eines Elternteils auf ein Kind zulässt, aber die Bildung eines
Doppelnamens aus den Namen der Ehegatten als Ehenamen oder aus den
Namen der Eltern als Geburtsname ihres Kindes untersagt. Auch wenn der
Gesetzgeber mit diesen Regelungen sein Ziel, schon Doppelnamen vor
allem als Geburtsnamen von Kindern zu vermeiden, nicht konsequent
verfolgt, dient § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB jedenfalls dem legitimen
Zweck, das Entstehen von geführten Namen, die aus mehr als zwei Namen
bestehen, auszuschließen und damit auch zu verhindern, dass diese zum
Geburtsnamen von Kindern werden. Die Norm ist insofern auch geeignet
und erforderlich, die vom Gesetzgeber gewünschte Eindämmung von
Namensketten zu erreichen.
Der durch § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB erfolgende Eingriff in das von Art.
2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Namensrecht des
Ehegatten ist verhältnismäßig. Praktikabilitätsgründe reichen zwar
nicht aus, die Regelung zu rechtfertigen. Das gesetzgeberische Anliegen
hat aber gereicht, Mehrfachnamen, die über Doppelnamen hinausgehen,
generell auszuschließen, um dem Namen seine identifikationsstiftende
Funktion zu bewahren. Auch wenn es andere Gestaltungsmöglichkeiten
gäbe, obliegt es dem Gesetzgeber zu entscheiden, ob er lange
Namensketten schon dort verhindert, wo es um die Möglichkeit eines
Ehegatten geht, seinen bisherigen Namen neben dem von beiden Ehegatten
gewählten Ehedoppelnamen zu führen, oder ob er die Reduktion von Namen
höchstens auf Doppelnamen erst bei der Übertragung der von den Eltern
geführten Namen auf ihre Kinder vornimmt.
Schließlich ist die Einschränkung des § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB auch
zumutbar, weil der Gesetzgeber im Rahmen seiner namensrechtlichen
Konzeption den Ehegatten trotz des Ausschlusses, einem gewählten
Ehedoppelnamen einen Begleitnamen hinzuzufügen, bei der Wahl ihrer nach
Eheschluss geführten Namen eine große Variationsmöglichkeit belassen
hat, die ihnen erlaubt, auch ihrem Bedürfnis nach Ausdruck der eigenen
Identität nachzukommen. So besteht insbesondere im Fall der Wahl des
Doppelnamens eines Ehegatten zum Ehenamen die Möglichkeit, für den
anderen Ehegatten im Geschäftsverkehr mit seinem bisher geführten Namen
weiter zu firmieren (§ 21 HGB) und den Namen zusammen mit seinem
Ehenamen zu tragen. Das deutsche Namensrecht schreibt keine starre
Namensführung vor und lässt es ausreichen, wenn mit der
Namensunterschrift die eindeutige Identifizierung der Person möglich
ist. Lediglich gegenüber Behörden ist der rechtlich anerkannte Name
anzugeben.
§ 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB verletzt auch nicht Art. 6 Abs. 1 GG. Die Norm
gebietet nicht die Wahl eines einheitlichen Ehenamens; sie unterstützt
allerdings den Wunsch von Ehegatten, ihre Zusammengehörigkeit in einem
gemeinsamen Ehenamen zum Ausdruck bringen zu können. Diesem Anliegen
hat der Gesetzgeber Rechnung getragen, indem er den Ehegatten die
Möglichkeit eröffnet hat, einen ihrer bisher geführten Namen zum
Ehenamen zu bestimmen.
Gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstößt die Regelung ebenfalls nicht. § 1355
Abs. 4 Satz 2 BGB kommt keine berufsregelnde Tendenz zu. Wenn die Wahl
eines Ehenamens zu einer selbst gewünschten Änderung des bisherigen
Namens eines Ehegatten führt mit der Folge, dass dann sein bisher
geführter Name entfällt, liegt darin keine eingriffsgleiche
Beeinträchtigung der beruflichen Betätigungsfreiheit. Denn es bleibt
dem betroffenen Ehegatten unbenommen, keinen Ehenamen zu bestimmen und
seinen bisherigen Namen weiterzuführen, oder bei Wahl eines
Ehedoppelnamens jedenfalls als berufliche Bezeichnung unter seinem
bisherigen Namen weiter aufzutreten.
Schließlich ist auch Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Abgesehen davon,
dass hier ungleiche Sachverhalte vorliegen, die der Gesetzgeber
entsprechend auch ungleich behandeln kann, gibt es für diese ungleiche
Behandlung mit dem gesetzgeberischen Anliegen, Namensketten zu
vermeiden, einen hinreichenden Grund, der diese Ungleichbehandlung
rechtfertigt.
Quelle: www.bundesverfassungsgericht.de
Rechtsanwältin Christine Andrae ist Fachanwältin für Familienrecht in Köln. Auf dieser Seite veröffentlich sie Beiträge zu familienrechtlichen Themen wie Unterhalt, Sorgerecht, Scheidung oder Umgangsrecht.
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