Das Oberlandesgericht Brandenburg entschied am 10.06.2010 über eine Zuweisung der Ehewohnung an einen der getrennt lebenden Ehegatten.
Gemäß § 1361b Abs. 1 BGB kann ein Ehegatte die Zuweisung der Ehewohnung an sich beantragen, soweit dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden.
Wann eine unbillige Härte vorliegt, erläutert das Gesetz nicht im Detail. Ausdrücklich benennt es lediglich einen Grund für die Zuweisung, nämlich den Fall, dass das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt ist.
Grundsätzlich sieht das Gesetz eine Zuweisung der ehelichen Wohnung an einen Ehegatten vor. Nur bei großzügigen Wohnverhältnissen kommt eine Aufteilung der Nutzung der Ehewohnung in Betracht.
In diesem Fall hatten die Eheleute sich auf eine geteilte Nutzung der Ehewohnung geeinigt. Die Ehefrau nutzte den oberen, der Ehemann den unteren Teil des Hauses. In der Folgezeit kam es jedoch zu einer unerträglichen Wohnsituation. Die Ehegatten entfernten jeweils ohne Zustimmung des anderen Gegenstände aus der Ehewohnung. Es kam zu erheblichen Sachbeschädigungen an Haus und Hausrat, wobei jeweils der eine Ehegatte gegen den anderen Strafanzeige erstattete.
Die Ehefrau beantragte sodann die Zuweisung der Ehewohnung zur alleinigen Benutzung. Ihren Antrag wies das Amtsgericht zurück mit der Begründung, dass sie das behauptete Fehlverhalten des Ehegatten nicht habe glaubhaft machen können.
Das Oberlandesgericht entschied anders. Von wem das Fehlverhalten ausschließlich ausging, bedürfe keiner Feststellung. Haben beide Ehegatten gleichermaßen zu der unerträglichen Wohnsituation beigetragen, käme es laut dem Oberlandesgericht nicht darauf an, wer überwiegend für die Situation verantwortlich sei, sondern wen der Verlust der Wohnung persönlich oder beruflich härter treffen würde und wer wirtschaftlich eher in der Lage wäre, eine angemessene Ersatzwohnung zu finden.
In diesem Fall sprachen für die Zuweisung der Ehewohnung an die Antragstellerin schließlich zwei Gründe. Zum einen bestand kein schützenswertes Bedürfnis des Ehegatten an der fortgesetzten Nutzung des Hauses, da er nicht bestritten hatte, das Haus nicht mehr zu nutzen und bei seiner Freundin zu wohnen.
Vor allem jedoch sprach das Wohl des zehnjährigen Kindes der Ehegatten für diese Zuweisung. Obwohl es keine offenen Streitigkeiten zwischen den Ehegatten verbaler oder körperlicher Natur gab, ging das Gericht davon aus, dass gesundheitliche oder seelische Störungen bei Kindern auch allein durch eine spannungsgeladene Atmosphäre ausgelöst werden können. Das Interesse des Kindes an einer geordneten, ruhigen und entspannten Familiensituation habe Vorrang. Da das Kind unstreitig im Haushalt der Ehefrau bleiben und ihm die vertraute Umgebung zumindest vorläufig erhalten bleiben sollte, entschied das Gericht für eine Zuweisung der Wohnung an die Ehefrau.
Quelle: Beschluss des Oberlandesgerichts Brandenburg vom 10.6.2010 (9 UF 142/09)
Rechtsanwältin Christine Andrae ist Fachanwältin für Familienrecht in Köln. Auf dieser Seite veröffentlich sie Beiträge zu familienrechtlichen Themen wie Unterhalt, Sorgerecht, Scheidung oder Umgangsrecht.
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